Ein eigenes Internet für Russland?

Die Zahl russischer Veröffentlichungen mit einem Verweis auf eine Internet-Direktive von Russlands Präsident Putin steigt.  Demnach sei das Telekommunikationsministerium angewiesen worden, über ein System von „backup DNS Root-Nameservern“ nachzudenken, die unabhängig von denen funktionieren sollen, die von ICANN, IANA und VeriSign kontrolliert werden.

Wie realistisch ist diese Idee?

Diese Rootnameserver sollen in BRICS-Staaten platziert werden und die Namensauflösung für Anfragen diese Länder betreffend übernehmen können,  also für DNS-Anfragen der Länder Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika. So wird dies zum Beispiel hier auf rbc.ru dargestellt.

Die Mehrheit der Root-Nameserver befänden sich schließlich in den USA, heißt es.

Als Begründung für diesen möglichen Schritt einer Teilung des Domain Names Systems führen die Veröffentlichungen an, dass sich die ICANN als die das DNS betreibende Nonprofitorganisation de facto unter US-Kontrolle  befinden würde. Angeblich habe man, so russische Quellen, dieses Szenario schon getestet und habe Erfolg gehabt, die .ru-Domains trotz der Löschung auf dem Rootfile weiter auflösen zu lassen. Diesen Test hat allerdings niemand bemerkt, so dass vermutet wird, er haben unter Laborbedingungen stattgefunden.

Russland befürchtet amerikanische Eingriffe ins DNS als politische Waffe

Das Netz sei in den Händen von USA und einigen EU-Ländern. Die russische Darstellung legt nahe, dass man zum Beispiel die Auflösung der .ru-Domains von der Gunst amerikanischer und europäischer Organisationen abhängig sei und somit russische Domains von der US-Regierung blockiert werden könnten.

So stichhaltig ist die Begründung allerdings nicht.

Das Rootzonefile enthält alle Top Level Domains wie .de oder .ru und kann ganz offen eingesehen werden: https://www.iana.org/domains/root/files .

Es verweist auf dreizehn Rootnameserver, die weltweit verteilt sind.

Diese dreizehn Rootserver und Backups stehen nicht alle in den USA, wie diese Karte zeigt: http://www.root-servers.org/

Sie werden zudem von 12 unabhängigen Organisationen betrieben.

Wenn unter Normalbedingungen ein Domainname in eine IP-Adresse aufgelöst wird, dann wird die einzelne Anfrage selten bis zu einem Rootnameserver geleitet werden. Viele Nameserver vorher können die Domain auflösen. Das DNS arbeitet hierarchisch.

Insofern dürfte es für Trump schwer werden, selbst mit unmittelbarem militärischem Zwang im Inneren, eine beliebige Top Level Domain schnell mal aus dem Netz zu tilgen. Zudem: ICANN untersteht der US-Regierung seit 2016 nicht mehr.

Neben den Nameservern der ICANN existieren einige alternative Domainnamerootserver, zum Beispiel das Open Root Server Network (ORSN) oder OpenNIC.

Was also soll der russische Vorstoß?

Man könnte als Staat versuchen, das Internet im Land von dem der restlichen Welt abzuschotten. Zensur wird einfacher und es wäre es denkbar, so die eigene internetabhängige Industrie im Land von ausländischen oder global arbeitenden Anbietern abzuschirmen.

Allerdings ist man als Internetunternehmen einfach oft auf internationale Konnektivität auch angewiesen.

 

 

 

 

 

 

 

 

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