In Episode 127 des goneo-Podcasts, die am 7. Mai 2025 veröffentlicht wurde, haben Sarah und ich ein Thema angepackt, das uns wirklich unter die Haut gegangen ist: Online-Misogynie und die Manosphäre. Es war eine intensive Folge, die weit über unsere üblichen Tech-Themen wie Server oder Frameworks hinausgeht – aber genau deshalb so wichtig.
Warum dieses Thema?
Als Webprofis leben wir von Plattformen wie Social Media – wir sagen unseren Kunden bei goneo ja ständig: „Promoted eure Inhalte auf TikTok, X oder Instagram!“ Aber was, wenn diese Plattformen zur Bühne für Hass werden? Genau das haben wir uns gefragt. Die Manosphäre – ein Netzwerk aus Online-Räumen, in denen frauenfeindliche und antifeministische Inhalte verbreitet werden – ist ein wachsendes Problem. Besonders Typen wie Andrew Tate, die mit toxischen Botschaften junge Männer beeinflussen, sind alarmierend.
Ich komme ja aus der Gen-X-Ecke und habe schon früher Wellen von Online-Hass miterlebt, aber die Geschwindigkeit und Wucht, mit der sich sowas heute über Algorithmen verbreitet, ist echt eine neue Dimension. Sarah hat das mit Studien untermauert: Zum Beispiel zeigt eine UCL-Studie, dass TikTok-Algorithmen den Anteil misogyner Inhalte für Testaccounts in nur fünf Tagen von 13 % auf 56 % steigern können. Das ist Wahnsinn – und zeigt, wie schnell man in so einen Strudel geraten kann.
Misogynie vs. Sexismus: Wo liegt der Unterschied?
Sarah hat den Unterschied zwischen Misogynie und Sexismus super erklärt, basierend auf der Definition von Kate Manne. Sexismus ist die Ideologie, die patriarchale Strukturen rechtfertigt – also die Überzeugung, dass Männer überlegen sind oder Frauen bestimmte Rollen haben. Misogynie ist die Vollstreckung dieser Ordnung: Hass, Abwertung oder Feindseligkeit gegen Frauen, die aus diesen Rollen ausbrechen. Online sehen wir das in extremen Formen – von subtiler Herabwürdigung bis hin zu Gewaltandrohungen.
Ein Beispiel ist Andrew Tate. Wir haben Ausschnitte aus einer BBC-Doku und Podcasts eingeblendet, die seinen Stil zeigen: Er rechtfertigt männliche Promiskuität, während er Frauen dafür verurteilt, und behauptet, dass reiche, attraktive Männer „natürlich“ mehrere Frauen haben sollten. Seine Botschaften sind ein toxischer Mix aus Selbsthilfe-Guru und Hassprediger – und sie erreichen Millionen, trotz Plattform-Sperren.
Algorithmen als Brandbeschleuniger
Das Schlimme: Algorithmen auf Plattformen wie TikTok, X oder Rumble verstärken diesen Hass. Sie sind darauf ausgelegt, Engagement zu maximieren – je länger wir bleiben, desto mehr Werbung sehen wir. Aber das bedeutet auch: Kontroverse, polarisierende Inhalte wie die von Tate werden bevorzugt. Sarah hat das mit dem Begriff „Echokammer“ beschrieben: Wenn ein Nutzer auf frauenfeindliche Inhalte reagiert, liefert der Algorithmus mehr davon und filtert andere Perspektiven raus. Das hat reale Folgen – Schulleiter berichten, dass misogyne Sprüche und Verhaltensweisen in Schulhöfe einziehen.
Verantwortung der Tech-Branche
Das bringt uns zur Kernfrage: Welche Verantwortung haben wir in der Tech-Branche? Plattformen wie X, die unter Elon Musk eine „Free Speech“-Agenda fahren, lassen oft alles zu – und verdienen daran. Aber wenn Algorithmen nachweislich Hass verstärken, ist „Neutralität“ keine Ausrede mehr. Wir haben diskutiert, ob wir als Entwickler und Hoster Systeme bauen können, die weniger anfällig für Echokammern sind – vielleicht mit mehr Transparenz über Algorithmen? Und warum thematisieren Tech-Konferenzen wie SXSW oder OMR das nicht? Ich finde, wir brauchen mehr Panels über Verantwortung statt nur Keynotes über Disruption.
Online-Dating und die Krise männlicher Vorbilder
Zum Schluss haben wir Scott Galloways Analyse zu Online-Dating und männlichen Vorbildern eingebracht. Er sagt: Dating-Apps schaffen Hierarchien, wo nur die Top-10 % der Männer (die mit Looks oder Geld) Matches kriegen. Viele junge Männer fühlen sich abgehängt, ziehen sich zurück – und greifen zu toxischen Vorbildern wie Tate, weil positive Rollenmodelle fehlen. Galloway plädiert für Vorbilder, die Disziplin, Verantwortung und Einsatz für andere vorleben – nicht nur Status und Aggression.
Hier ist die Übersetzung der zusätzlichen Informationen in deutscher Sprache, die den Forschungsnotizen zu Misogynie als soziales Medienphänomen entsprechen. Der Text bleibt sachlich und präzise, um den wissenschaftlichen Ton beizubehalten, und ist für den Kontext eines Blogs oder Podcasts angepasst.
Forschungsnotizen: Misogynie als soziales Medienphänomen
Quelle 1: UCL News – Soziale Medien-Algorithmen verstärken misogynistische Inhalte bei Jugendlichen (https://www.ucl.ac.uk/news/2024/feb/social-media-algorithms-amplify-misogynistic-content-teens, abgerufen am 1. Mai 2025)
Wichtige Erkenntnisse (UCL/Kent/ASCL-Bericht):
- Algorithmische Verstärkung: Soziale Medien-Algorithmen (insbesondere bei TikTok getestet) verstärken extremistische Inhalte, einschließlich misogynistischer Beiträge erheblich.
- Eine algorithmische Modellstudie zeigte eine vierfache Zunahme misogynistischer Inhalte auf der TikTok-„Für Dich“-Seite innerhalb von nur fünf Tagen (von 13 % auf 56 % der empfohlenen Videos).
- Algorithmen zielen auf Nutzerverwundbarkeiten (z. B. Einsamkeit, Kontrollverlust) ab und präsentieren schädliche Inhalte auf unterhaltsame, gamifizierte Weise, wodurch sie wie Unterhaltung wirken.
- Anfangsinhalte könnten mit angegebenen Interessen übereinstimmen (z. B. Männlichkeit, Selbstoptimierung), verschieben sich jedoch zunehmend hin zu Wut und Schuldzuweisungen gegenüber Frauen.
- Normalisierung: Diese Verstärkung führt zur Normalisierung schädlicher Ideologien und misogynistischer Klischees unter jungen Menschen.
- Offline-Auswirkungen: Hassideologien und misogynistische Ansichten wandern von Online-Räumen in offline Umgebungen, insbesondere Schulen, und werden Teil der Mainstream-Jugendkultur, was Interaktionen beeinflusst.
- Mangelndes Bewusstsein: Erwachsene (Eltern, Erzieher*innen) sind sich oft nicht bewusst, wie diese algorithmischen Prozesse funktionieren oder wie sie ihre eigenen Nutzungsgewohnheiten beeinflussen, was die Orientierung erschwert.
- Empfehlungen:
- Soziale Medienunternehmen für algorithmischen Schaden zur Rechenschaft ziehen; Nutzerwohl über Profit stellen.
- Bildung zu einer „gesunden digitalen Diät“ einführen (Verständnis von Inhaltstypen, algorithmischer Verarbeitung, Auswirkungen).
- Peer-to-Peer-Mentoring nutzen, Jungs in Diskussionen über Misogynie einbeziehen.
- Breiteres Bewusstsein für algorithmische Prozesse bei Eltern und der Gemeinschaft fördern.
- Regierung/Ofcom sollte Implikationen im Rahmen des Online-Sicherheitsgesetzes prüfen.
- Breitere Anwendbarkeit: Die Erkenntnisse gelten wahrscheinlich auch für andere Plattformen (Instagram, YouTube genannt) und andere schädliche Inhaltstypen (Selbstverletzung, Extremismus).
- Verbindung zu früherer Forschung: Baut auf Erkenntnissen zur Prävalenz von Online-Gewalt gegen Frauen/Mädchen auf.
Quelle 2: Nature – Wie untersuchen wir Misogynie im digitalen Zeitalter? Eine systematische Literaturübersicht mit einem computergestützten linguistischen Ansatz (https://www.nature.com/articles/s41599-024-02978-7, abgerufen am 1. Mai 2025)
Wichtige Erkenntnisse (Systematische Literaturübersicht 1990-2022):
- Definition & Konzepte:
- Misogynie (Frauenhass) hat eine umstrittene Definition, die sich teilweise mit Sexismus (Vorurteil/Diskriminierung aufgrund des Geschlechts) überschneidet.
- Kate Mannes Unterscheidung: Sexismus rechtfertigt die patriarchale Ordnung, während Misogynie diese durchsetzt (Bestrafung von nicht konformen Frauen).
- Verschiedene Disziplinen verwenden unterschiedliche Terminologie (Psychologie: Sexismus; Sozialwissenschaften: Patriarchat; Kommunikations-/Computergestützte Wissenschaft: Misogynie).
- Online-Misogynie:
- Systemische Ungleichheit und Diskriminierung gegen Frauen manifestieren sich aggressiv im Cyberspace.
- Online-Misogynie ist nicht neu (Wurzeln zurückverfolgt), aber interaktive soziale Medien haben ihre Verbreitung verstärkt und neue Ausdrucksformen ermöglicht.
- Gamergate (2014) war ein Wendepunkt, der weltweite Aufmerksamkeit auf Online-Misogynie lenkte.
- Online-Plattformen fördern die Verbreitung, von subtiler Ausgrenzung bis hin zu offenen Drohungen und Objektivierung.
- Verschiedene Begriffe werden genutzt: Geschlechter-Cyberhass, Cyber-Belästigung, technologische Gewalt, Geschlechter-Trolling, E-Bile, Geschlechter-Hassrede.
- Forschungslandschaft:
- Signifikante, exponentielle Zunahme von Veröffentlichungen zu Misogynie, hauptsächlich durch Forschung zu ihren Online-Manifestationen angetrieben.
- Analyse deutet auf eine begrenzte Verbindung zwischen verschiedenen Bereichen hin, die das Phänomen untersuchen (z. B. Sozialwissenschaften, Informatik), was ein umfassendes Verständnis erschwert.
Mein Fazit
Diese Episode hat mich echt zum Nachdenken gebracht. Als Webprofessioinal bin ich Teil dieser digitalen Welt – und wir können nicht ignorieren, welche Auswirkungen unsere Technologien haben. Hass im Netz ist kein rein digitales Problem mehr, es prägt unsere Gesellschaft. Ich hoffe, wir können als Branche Verantwortung übernehmen – sei es durch bessere Systeme, mehr Diskussion oder einfach, indem wir solche Themen nicht scheuen.
Was denkt ihr? Sollen Tech-Konferenzen die Manosphäre thematisieren? Und wie können wir bessere Vorbilder fördern? Kommentiert hier auf markus.technology oder schreibt mir auf X (@markus2009). Hört die volle Episode auf goneo.de/blog/podcast – und bleibt dran, denn wir planen einen Spin-Off zu solchen Themen!
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