Endlich: Tweets lassen sich beim Retweeten kommentieren

In der mobilen Twitter-Version (IOS) war es schon länger möglich, einen Retweet zitieren.  In der Web-Variante war das bisher nicht vorgesehen. Nun kann man auch im „großen“ Browser einen Tweet zitieren und kommentieren. Als Ergebnis sieht man in der Timeline das Zitat in folgender Weise:

Der originale, zitierte Tweet ist also als Link repräsentiert.
Dies war der Originaltweet:

Auch in der IOS App ist dies mittlerweile ähnliches abgebildet. Nun zählt die eigene Anmerkung nicht mehr für die Zeichenbegrenzung. Man hat 116 Zeichen zur Verfügung:

Neu in der Twitter App (IOS): Retweets lassen sich nun kommentieren. 

Die Möglichkeit dazu findet man unter dem Retweet-Symbol. Über dem Originaltext steht dann ein Kommentarfeld, das ausgefüllt werden kann.

Deutschland doch nicht technophob?

Die Cebit Seite hat eine t3n-Kolumne neu veröffentlicht. In diesem Artikel gab es eine Entgegnung auf die These von Jeff Jarvis (Artikel in der Zeit, Artikel auf medium.com, Interview in Profil, Österreich), wonach die Deutschen technophob wären: Sie verpixeln ihre Häuserfassaden in Google Maps, verbieten Uber und wehren sich gegen Facebook, nur als ein paar Beispiele genannnt.

Alltagstechnophobie oder Kommunikationskonservativismus?

Jeder kennt Leute, die tatsächlich technophob sind. Erst gestern mischte sich beim Mittagessen eine Frau am Nebentisch in unser Gespräch, in dem es um Facebook als Hoster für journalistische Inhalte ging. Sie behauptete steif und fest, auch nach 42 Lebensjahren kein Internet zu brauchen, auch keine E-Mail-Adresse. Man könne ja schließlich zum Amt gehen, wenn man etwas braucht oder in den Laden. Und interessante Menschen träfe man auch in seiner Umgebung. 
Das ist vielleicht nicht lupenrein technophob, eher konservativ-bewahrend („alles soll so bleiben wie es ist oder früher war“) und natürlich ein Einzelfall, aber illustrierend ist das dennoch. 

Deutsche PR-Abteilungen gelingt die generierung von Technobubbles – politisch aktive Schlagworte ohne viel Gehalt

Die Entgegnungen gegen die Jarvis-These lesen sich immer recht politisch und vielleicht ist eines der technischen Leistungen, die man in Deutschland gut hervorbringt, Technobubbles zu generieren, in dessen PR-Licht man sich dann sonnen kann: Beispielsweise Industrie 3.0 (oder auch 4.0), was immer das auch bedeuten soll. 

Im zitierten Artikel, der belegen soll, dass es Internetphobie der Deutschen oder German Internetangst gar nicht gibt, verweist der Autor auf eine sehr starke Rolle der Rechte des Einzelnen in Europa und Deutschland, so wie das etwa beim Datenschutz und im Verbraucherschutz sichtbar werde.

„Sowas wie Google oder Facebook gibt es in Europa nicht, weil wie die Datenschutz und Verbraucherrechte beachten“

In den USA zählten Menschen nicht, nur der Profit und die Freiheit von Großunternehmen. Damit wäre zumindest ein wenig erklärt, warum heute führende neue Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon, Apple allesamt in den USA beheimatet sind. Was nicht mal stimmt. Weitere Internetgiganten, die uns nur nicht so auffallen, weil uns die jeweilige Kultur ferner liegt, kommen aus China (Alibaba), Russland (Yandex) oder auch Südkorea (Daum). 

Gerade wenn man über die Cebit gegangen ist und nach deutschen Anbietern sucht, fallen eigentlich nur drei auf: SAP, Software AG, Datev – alle drei richten sich mit ihren Produkten an Unternehmen aus, nicht an Konsumenten. Das ist symptomatisch.

In Deutschland: Individuelle Nutzer nicht im Blick der Konzerne 

Das Vorzeigeunternehmen der „Deutschland AG“, Siemens, hat vor einigen Jahrzehnten noch versucht, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen und Handies zu produzieren, in Kooperation mit Fuji sogar auch PCs und ist gescheitert. Gerade deutsche Unternehmen wären in den 80ern und 90ern des letzten Jahrhundert nie nie nie auf die Idee gekommen, so etwas wie einen Personal Computer auch nur anzudenken, die Amerikaner und dann die Japaner haben es gemacht. Die Europäer hinkten hinterher und waren bald aus dem Geschäft. Nie hätte ein deutsches Unternehmen angefangen, Bücher wie es Google tat und einen Riesenaufschrei produzierte, einzuscannen und damit zu digitalisieren. Auch Google Streetview kann man sich nicht als deutsches Projekt vorstellen. Wir hätten statt dessen 20 neue Gesetze und Vorschriften produziert und alles zerregelt, bis von der Idee nichts mehr übrig blieb. An solchen Dingen scheitert übrigens auch gerade die De-Mail. 

Also sind die Deutschen technophob und wenn ja, wie stark? 

Empirisch ist das wohl noch nicht besonders gut untersucht. Nach einschlägigen Studien suche ich noch.
Vielleicht hilft für die Zwischenzeit ein Blick darauf, welche soziale Schichten in welchen Ländern social media nutzen. Die FAZ hat dazu einen kleinen Beitrag veröffentlicht, mit Bezug auf eine Statista-Grafik: In Deutschland ist der Anteil an Nutzern mit wenig formaler Bildung im Vergleich zur Türkei, UK, Spanien und auch Frankreich hoch. Dafür ist der Anteil der „Bildungsbürger“ wie die FAZ die Schicht mit mittlerer und hoher Bildung betitelt, niedrig. Die Unterschiede sind deutlich. Dies spricht in meinen Augen eher für die Jarvis These von der deutschen Internetskepsis. 
Infografik: Höhere Bildungsschichten dominieren Social Web - außer in Deutschland | Statista

Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Angetestet: Die Periscope App von Twitter

Screenshot Peroscope IOS
Die Peroscope App für Apple IOS

Es gab einige Aufregung um den Streamingdienst Meerkat für IOS. Das Startup hat eine App angeboten, mit der man vom Smartphone aus Live-Bewegtbild streamen kann. Da man ja auch Zuschauer braucht, kann man seine Twitter Follower informieren. Allerdings hat Meerkat (http://meerkatapp.co) dann die Follower des Users einfach in den eigenen Dienst kopiert. Das fand Twitter nicht so toll und hat den Zugriff für Meerkat eingeschränkt, auch – wir wir nun wissen -, weil Twitter selbst ein ähnliches Angebot gelauncht vorbereitet hat, nämlich Periscope (https://www.periscope.tv).

Periscope wird als eigene App installiert. Eine Anmeldung mit dem Twitter Account ist möglich. Im Prinzip kann man dann eigentlich schon Video streamen oder sich Liveübertragungen von Menschen in aller Welt ansehen.

Meerkat und Periscope erinnern mich beide an den Roman „Super Sad True Love Story“ von Gary Shteyngart aus dem Jahr 2011 (Link zu Amazon: Super Sad True Love Story). Rezensionen finden sich sich hier (die Zeit) und hier (FAZ).

Zumindest in der deutschen Übersetzung beschreibt der Autor Äppäräte, bessere Smartphones, mit denen die Leute sich nicht nur gegenseitig scannen und neben der Bonität auch den „Fickfaktor“ ermitteln, sondern auch ihr Leben streamen können, mit Anwendungen, die so beschrieben sind, wie Meerkat und Periscope nun funktionieren.

Daher liegt die Frage nahe: Hat Shteyngart Meerkat und Periscope erfunden?

Im Grunde leisten beide Apps das gleiche: Man kann direkt vom Smartphone aus das, was vor der Linse passiert streamen und seine Twitter-Follower dazu einladen, zuzusehen und zuzuhören.

Als Zuschauer kann man in Periscope Chat-artig Kommentare abgeben, die im unteren Bildausschnitt durchlaufen. Mit einem schnellen Nacheinanderklick kann der User seine Zuneigung kundtun, ein ähnliches Verhalten wie in Tumblr oder Instagram. Die Anzahl der momentanen Zuschauer wird eingeblendet, etwas, das auch in Shteyngarts Roman ab und an eine Rolle spielt.

Die Zahl der Zuschauer lag bei den Streams, die ich sah so bei 20 bis 30, Kommentare werden viele gegeben, teilweise recht niveaulos, wie gewohnt.

Inhaltlich die Leute Rundgänge durch die Wohnung, lassen sich bei der Büroarbeit zusehen, ab und an überträgt jemand Redner oder handelnde Personen. Beliebt sind Dreier- oder Viererrunden, wobei die Zuschauerzahl bis auf über 100 steigt, wenn jüngere Frauen oder Tiere im Bild zu sehen sind.

Die inhaltlich Qualität lässt sich an der Zuschaueranzahl abschätzen. Heute sah ich eine Userin durch Paris an der Seine entlanggehen. In Deutschland wäre das außerhalb eines Wlans etwas schwierig, da das UMTS/LTE – Inklusivvolumen stark angegriffen wird.

Beliebt sind – je nach Tageszeit auch Live-Aufnahmen aus Kneipen oder Bars. Interessanterweise scheint es die Leute nicht zu stören, wenn jemand ihnen das Smartphone ins Gesicht hält.

Man kann Leuten von Periscope aus auf Twitter folgen. Über neue Streams wird man benachrichtigt.

Gary Shteyngart auf Twitter (Profil): 
!function(d,s,id){var js,fjs=d.getElementsByTagName(s)[0],p=/^http:/.test(d.location)?’http‘:’https‘;if(!d.getElementById(id)){js=d.createElement(s);js.id=id;js.src=p+“://platform.twitter.com/widgets.js“;fjs.parentNode.insertBefore(js,fjs);}}(document,“script“,“twitter-wjs“);

Hosting & Cloud Computing: whd.global World Hosting Days 2015 in Rust – Einige Notizen

Die inzwischen sehr etablierte Fachmesse World Hosting Days geht heute am 26.März mit einer obligatorischen Party zu Ende.

Einmal im Jahr, bisher immer kurz vor der Eröffnung des Europaparks in Rust, einem großen Vergnügungspark am Rande des Schwarzwalds, trifft sich hier zumindest der auf EMEA ausgerichtete Teil der Branche.

Datenschutz und Sicherheit 

Wichtige übergreifende Themen in diesem Jahr waren Datenschutz und Sicherheit. Edward Snowden war für eine Session aus seinem Exil per Videokonferenz zugeschaltet, ebenso der Computersicherheitsveteran Eugene Kaspersky, bekannt von der gleichnamigen Sicherheitssoftware.

Er betonte, dass es versierte Cyberkriminelle stark auf Unternehmensnetzwerke und Firmendaten abgesehen hätten. Endkunden, Konsumenten seinen natürlich betroffen, doch dort sei nicht so viel an Daten zu entwenden. Wenn wirklich lange mit hohem Aufwand an Schadsoftware entwickelt werden würde, etwa an Software, die die Firmware der Festplatten umschreiben kann, dann würde man die Angriffe gegen möglichst lohnende Ziele richten. Dazu gehörten Kraftwerke und ähnlich sensible Einrichtungen der Infrastruktur.

Virtualisierung ist inzwischen ein gelerntes Thema, unter dem Docker und Container eine große Rolle spielten. Im Hardwarebereich war oft von DDR4 die Rede, im Netzbereich von SSL mit einem leicht ängstlichen Blick auf Free SSL.

Marketing im dichter werdenden Konkurrenzumfeld

Marketing für Hostingprodukte ist ein untergeordnetes Thema gewesen. Die Messe ist eher Hardware-lastig. Einzig Parallels sieht sich ganz betont als Partner auch kleiner Hostingunternehmen und liefert jedes Jahr recht zuverlässig neue Daten aus Umfragen unter der typischen Marketingzielgruppe, den SMBs (Small and Medium Business). Das sind kleine Firmen der Größenordnung 1 bis 50 Mitarbeiter. Gemäß dieser Daten stehen auch im europäischen Markt die Zeichen auf Wachstum (Größenordnung 10 bis 20 Prozent, je nach Segment).

Zwei große Trend gelten als Bedrohung: Der Trend, dass immer mehr Unternehmen auf Contentmarketing setzen und Inhalte bevorzugt gleich und ausschließlich in Facebook oder auf Linkedin publizieren und die Dominanz großer Cloud-Serverfarmen von Amazon (AWS), Microsoft (Azure) und Google (GCP).

Bedrohungen

Tatsächlich findet ja eine recht sichtbare Konsolidierung und Konzentrationsbewegung statt. Wie also können kleinere Anbieter überleben? Es gibt einige Tools, einen neuen Marktplatz für Cloud-Dienstleistungen, Website-Builder als Software as a Service (SaaS), zum Beispiel. Mit Spannung wird auch thegrid.io erwartet.

Sicher müssen normale Webseiten nutzwertiger werden, wenn sie ihre Existenzberechtigung behalten wollen. Schließlich findet man ja dank Googlesuche alle relevanten Informationen schon auf der Suchergebnisseite (im Lokalen sind es Öffnungszeiten, im E-Commercebereich die Produkte oder der Knowledge Graph). 

Über diesen Zusammenhang habe ich hier schon einmal geschrieben
Vielleicht könnten Webseiten von Unternehmen stärker personalisiert werden, so wie das Unternehmen duda es vorschlägt. Auch andere Unternehmen arbeiten daran, das Webseitenerstellen einfacher zu machen.

Insgesamt ist ein einer hoher Innovationsdruck zu spüren, der durch die Branche geht. Auf der Vermarktungsseite steigen die Herausforderungen, trotz oder vielleicht auch wegen der sich abzeichnenden Konsolidierung. Doch in jedem Jahr kommen neue Player auf den Markt, 2014 war dies godaddy aus den USA. Das Unternehmen, das nach eigenem Bekunden nun an die Börse will, hat auch die europäischen Märkte ins Visier genommen. Es bleibt also spannend.

Instagram kündigt neue Layout App an

Instagram Posting von Michelle Obama, offensichtlich schon mit der neuen Layout App von Instagram für IOS. 

Der Fotoshare-Service Instagram kündigt eine neue App namens Layout an. Die Mitteilung besagt, dass die App zunächst für IOS zur Verfügung stehen soll, einige Zeit später – Instagram spricht von Monaten – auch für Android. Als Datum wurde heute, also der 23.3.2015 genannt. Aktuell ist die App aber noch nicht im Apple Store verfügbar.

Mit der App kann der User mehrere Bilder zu einem postbaren Bild komponieren. Dafür werden einige Vorlagen angeboten. Zudem läuft im Hintergrund eine Gesichtserkennung, so dass einige Bildergruppen schon vorgeschlagen werden können. Die Bilder sollen dann per Drag and Drop vom User angeordnet werden können.

Michelle Obama scheint die App Layout schon nutzen zu können.

Besser keine informelle Mail-Adresse für Bewerbungen verwenden

Es macht durchaus einen Unterschied, ob man eine formelle oder eine eher informelle E-Mail-Adresse benutzt.

Forscher am Institut für soziale Psychologie und Organisationpsychologie an der Universität Amsterdam haben den vermuteten Zusammenhang im Bereich Job-Bewerbungen systematisch untersucht.

Als Ergebnis ist festzustellen, dass, wenn formelle Adressen verwendet werden, die Wahrscheinlichkeit einer Einstellung steigt. Als formell gilt eine Mailadresse dann, wenn der echte Name des Absenders in der Adresse abgebildet ist und kein Phantasiename oder Spitzname.

Die Stärke des Effekts ist in der Größenordnung in etwa mit dem (negativen) Effekt von Rechtschreibfehlern vergleichbar.

Informelle E-Mailadressen wirken so wie Rechtschreibfehler 

Für eine theoretische Begründung zogen die Forscher das Modell der Brunswik’schen Linse heran (hier mehr zu diesem Modell). Im empirischen Teil der Untersuchung wurden die E-Mailadresse, die Rechtscheibung sowie die Schriftart variiert und (fingierte, aber passende) elektronische Bewerbungen Testpersonen vorgelegt, die über eine mögliche Einstellung des Kandidaten entscheiden können. Es handelte sich dabei um echte Rekrutierer, zu deren Aufgaben und Arbeitsalltag es gehört, über die Einstellung geeigneter Kandidaten für eine Stelle zu entscheiden.

Die Testpersonen sollten eine Einschätzung hinsichtlich der Intelligenz und diverser Persönlichkeitseigenschaften des Bewerbers bzw. der Bewerberin vornehmen.

Brunswick’schen Linsenmodell als theoretische Basis

Offensichtlich leiten Angestellte in den Personalabteilungen, die die Bewerbungen prüfen, unter anderem auch aus dem Grad der Formalität der E-Mail-Adresse Eigenschaften des Bewerbers ab, insbesondere die Ausprägung von Gewissenhaftigkeit und von kognitiven Fähigkeiten. Diese beiden Eigenschaften hängen besonders mit der angegebenen Wahrscheinlichkeit zusammen, ob jemand eingestellt werden kann oder nicht.

Quelle:
van Toorenburg Marlies, Oostrom Janneke K., and Pollet Thomas V. What a Difference Your E-Mail Makes: Effects of Informal E-Mail Addresses in Online Résumé Screening. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking. March 2015, 18(3): 135-140. doi:10.1089/cyber.2014.0542.

Hier ist der Link zum kompletten Artikel:
http://online.liebertpub.com/doi/full/10.1089/cyber.2014.0542#utm_campaign=cyber&utm_medium=email&utm_source=pr

Sind soziale Netzwerke ein Unfall der Hosting-Branche?

datacenter server racks Image

Warum haben sich geschlossene Plattformen wie Facebook, Linkedin, Twitter so verselbständigen können? Was wurde aus dem freien, offenen Web und sind propretäre, soziale Inhalte- und Sharingplattformen vielleicht ein Unfall der Hosting-Industrie? Zumindest sind sie deren ernsteste Bedrohung.
Ende der 1990er Jahre waren Computeranwender endlich in der Lage, digitale Inhalte im offenen Internet selbst zu veröffentlichen. Private Publishing im neuen, offenen World Wide Web war möglich. Nicht nur Studenten an Universitäten kamen in den Genuss dieser neuen Möglichkeit. Dank technischer Dienstleister, die das Massengeschäft übernahmen, war – zumindest in freien Gesellschaften – die eigene Webpräsenz für jedermann erschwinglich und möglich. Eine neue Branche entstand, die Hosting-Branche. Für kleines Geld konnte man sich ein Bündel aus Domainregistrierung, Serverspeicherplatz und E-Mail-Dienst abonnieren.

Private Publishing im WWW anno 1997

Zu dieser Zeit gab es viele technische Beschränkungen. Feedback von Usern einzuholen und zu verarbeiten, war schwer zu realisieren. Die eingesetzten Server waren noch nicht so leistungsfähig und Speicherplatz war noch teuer. Möglichkeiten für Interaktionen und dynamische Inhalte waren gegeben, längst aber nicht selbstverständlich und eher aufwändig. Die ersten Ansätze waren Gästebücher und Feedbackformulare, vielleicht auch Umfragen und ähnliche einfache Interaktionsmöglichkeiten.

Php & MySql brachten Anwendungen wie WordPress oder SugarCRM hervor

Erst mit der Verbreitung von PHP als quelloffene und somit kostenfreie Scriptsprache für serverseitig auszuführende Anweisungen und einer Datenbanklösung, in diesem Fall MySQL, war mehr machbar. So entstand das, was einige Zeit lang als Web 2.0 bezeichnet wurde, das „Mitmach-Web“. Speicher und Prozessorkapazität war billiger zu bekommen, die Rechenzentren wuchsen.

Viele Hosting-Unternehmen haben Technologien wie PHP und MySQL unterstützt, aber es versäumt, dem Kommunikations- und Vernetzungsbedarf der Webseitenbetreiber Rechnung zu tragen. Als User konnte sich einzelne Webdokumente im Browser bookmarken, aber die Konnektierung mit Usern war schwierig. RSS/Atom/XML-Feeds sollten Contents syndidizierbar machen, setzten aber wieder eine eigene Technologie voraus.

Dank der hohen Verbreitung von PHP und MySQL entwickelte sich eine florierende Open Source Landschaft, aus der so phantastische Anwendungen wie WordPress, Joomla! und Co hervorgingen. Content im Web bereit zu stellen, war nie einfacher.

Das Modell des zufällig surfenden Users 

Webseiten bezogen sich mehr und mehr auf einen Gegenstand, eine Organisation, ein Unternehmen. Verlinkungen auf andere Domains wurden seltener. Das Hypertextprinzip wurde nicht mehr voll ausgeschöpft.

Die Folge: Inhalte im Web konnten zunächst nur per manuell editiertem Webkatalog, per Linkliste oder per Suchmaschine zugänglich gemacht werden. Suchmaschinen wurden zur meistgenutzten Anwendung. Dabei basiert Googles elementarer PageRank-Algorithmus vor allem auf der Idee des Hyperlinks und dem Modell des zufällig surfenden Users, der sich von Link zu Link hangelt. Ein Modell, das der Praxis zunehmend weniger entsprach. Es gab das Bild des Surfers bald nicht mehr.

Während der großen Zeit der Google Suche war die Position auf der jeweiligen Suchergebnisseite für wichtige Keywords entscheidend. Der Traffic kommt heute mehr und mehr von Verlinkungen aus Beiträgen in Social Media Plattformen. Man liest einen Teaser online und klickt auf den Link, um den Rest der Story konsumieren zu können. Dabei ist die Story meist in Wort und Bild gekleidete Werbung, Native Advertising.

Native Advertising: Was ist Content, was ist Werbung?

Einige Inhalteanbieter, Contentaggregatoren oder -distributoren gehen sogar dazu über, Inhalte nur über Facebook oder Linkedin zu platzieren und die Story gar nicht mehr auf die eigene Website zu schreiben. Leute, die Modeblogs anbieten, präferieren heute Instagram. Das ginge schneller, ist optischer und das Teilen der Inhalte ginge einfacher von statten. Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind. Entscheidend ist, wieviele Augenpaare man erreicht, nicht wie viele Page Impressions auf der werbefinanzierten Webseite generiert werden. Dieses alte Web-Geschäftsmodell ist auch aufgrund der Verbreitung von Adblockern ohnehin in Gefahr. Fest steht, dass immer mehr Contents in geschlossene Plattformen verlagert wird. Das offene Web stirbt.

Steht man auf dem Standpunkt, dass das offene Web grundsätzlich ein Wert an sich ist, kann man fragen, wo ist was schief gelaufen?

Was ist aus dem offenen Web geworden – alles nur noch Timeline?

Natürlich haben auch die Apps für ohnehin schon proprietäre mobile Betriebssysteme dafür gesorgt, dass das offene Web zurückgedrängt wird. Den Hauptteil an Traffic auf Mobilgeräten erzeugen Apps, nicht der mobile Webbrowser.

Dank der Veröffentlichung von PHP und MySQL unter Open Source Lizenzen fanden Content Management System wie WordPress, Joomla!, Drupal und in Deutschland insbesondere auch Typo3 eine große Verbreitung. Dank der großen Verbreitung gab es auch große und agile Entwicklercommunities, die von Version zu Version überzeugende Features geliefert haben.

Die Open Source CMS – Lösungen wurden von Hostingunternehmen gerne aktiv angeboten. Für Kunden entstand durch die einfache Installation Mehrwert. Allerdings ist kein Benefit an die Entwicklercommunities zurückgeflossen. Sie waren von Spenden abhängig oder fanden einen Großsponsor, so dass neben der Community-Version bald eine lizenzpflichtige Version mit mehr Support und Funktionen erstellt wurde.

Wie hätte sich Open Source social software besser entwickeln können? 

Einige CMS haben sich gut entwickelt, ebenso Tools wie Piwik oder CRM-Anwendungen. Leider haben es Social Media Plattformen nicht über Achtungserfolge hinaus geschafft. Leider war einem Friendica, einem Diaspora oder Elgg der große Durchbruch nicht vergönnt. Daneben gibt es noch eine Handvoll Social Media Frameworks mit einer dezentralen Struktur, die aber über das Betastadium nicht hinauskommen.

Vielleicht hätten sich die vielen Rechenzentrumsbetreiber und Hoster früher um soziale Netzwerke bemühen sollen. Es gibt offene Standards, die einen Austausch von Profildaten und Graphen ermöglichen. Damit könnte eine quelloffene, dezentrale Struktur ermöglicht werden, so wie es in Friendica auch angelegt ist.

Zu lange haben Hoster zugesehen und zumindest insgeheim darauf gehofft, dass social media ein schnell vorübergehendes Phänomen ist, dem die User bald überdrüssig werden würden. Ein Fehlschluss. Facebook und Co haben mit Hochdruck daran gearbeitet, für immer neue Zielgruppen interessant zu werden und zu bleiben. Ein Selbstläufer war das nicht, wie man am Schicksal von MySpace und StudiVZ unschwer erkennt.

Gibt es noch Leben in der Social Media Welt mit Open Source?

Die aktuelle Friendica Version trägt die Nummer 3.3.3, kann aber mit dem enormen Entwicklungstempo kommerzieller Plattformen nicht mithalten. Die User Experience ist mit Facebook oder Twitter einfach nicht zu vergleichen, von der Anzahl der Teilnehmer ganz abgesehen.

Das Problem des Sterbens des offenen Webs haben viele Unternnehmen erkannt. Einige haben sich in der Internet Defense Leage (https://www.internetdefenseleague.org) zusammengeschlossen. PHP, WordPress und Mozilla sind prominente Teilnehmer.

Eigentlich müsste auch Google daran interessiert sein, das offene, sich agil entwickelnde Web zu erhalten. Durch die Notwendigkeit, Milliarden Webseiten indizieren zu müssen, um Inhalte und Informationen zugänglich zu machen, hat Google viel Geld verdient. Die Anzeige von Werbebotschaften, die zu einer Sucheingabe passen, ist heute noch der mit Abstand größte Umsatzstrom für Google, der geringer wird, wenn immer mehr User über Social Media News und Informationen konsumieren und teilen.

Im Prinzip kann man Webseitenbetreiber nur ermutigen, die bisher betriebene Onlinepräsenz fortzuführen. Ein Verlass auf Social Media Plattformen zur Veröffentlichung eigener Contents ist gefährlich: Was passiert, wenn die Plattform eingestellt wird, die Richtlinien ändert oder das Geschäftsmodell? Dann sind im extremen Fall alle Inhalte und Kontakte verloren. 

German Angst ist heute Internetangst

Und: Jeff Jarvis bringt manche Dinge gut auf den Punkt. Die heutige German Angst ist Internetangst. So fühlt sich für uns nun der alles übergreifende Technik- und Kulturwandel an, den wir bestenfalls begleiten und überleben können. Wir Europäer haben die – schöner politischer Ausdruck – „Systemfähigkeit“ verloren. Wir können kein Internet.
 
Unsere Versuche (BTX) sind gescheitert und durch die – häßlicher technokratischer Ausdruck – „disruptive Intenettechnologie“ hinweggefegt worden.
 

Unsere eigenen Ansätze wurden zerstört, wegreguliert, aufgegeben. Nun beschweren wir uns, dass es keine deutsche Suchmaschine mehr gibt, wir der Überwachungstechnologie der anderen auf Gedeih und Verderb ausgesetzt worden sind.

Unser Bildungssystem war zu wenig adaptiv, die vorherrschende Geisteshaltung zu restriktiv („Geh doch lieber raus, Ball spielen„)