Warum Deutschland im Internet so rückständig ist

Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat die „Digitale Agenda“ ausgerufen. Die Cebit 2016 war dafür ein schöner Anlass. Immer klarer wird selbst den notorisch technologiefernen Gruppen wie der der Berufspolitiker, dass einiges im Argen liegt. Deutschland hat den Anschluss verloren. Woran könnte das liegen?

Da schreibt mir einer aus dem Herzen! Problematisch: die das heute zu entscheiden haben, werden dann nicht mehr in der…

Posted by Anke Knopp on Friday, March 25, 2016

Dieser Beitrag von Anke Knopp auf Facebook bezieht sich auf einen einen Post auf Vorwärts.de (http://www.vorwaerts.de/blog/deutschland-erfolglose-internetnation) , der acht Punkte benennt, die erkennen lassen, dass Deutschland im Bereich Internet eher erfloglos ist. Einer der Kommentatoren meinte auch schon, dass ja gerade die SPD für einen gewissen Technikskeptizismus und eine Konservativität mitverantwortlich ist nun in ihrem Parteiorgan „Vorwärts“ dies nun nicht anzuprangern bräuchte.

Die acht Punkte, nennen wir sie Indizien, die da geannt werden, kann man alle unterschreiben. Stimmt alles. Man könnte sicher noch viele weitere hinzufügen und die Argumentation auf ganz Europa ausdehnen. Sie beschreiben den Zustand. Aber helfen diese Indizien zu erklären, warum das passiert ist?

Kleine Unternehmen

Wir haben in Deutschland und Europa keine Internetriesen von weltweitem Belang. Wir hatten sie nie. Es sah eine Zeit lang so aus, als würden aus Medienriesen Internetriesen entstehen. Doch das ist nicht passiert. Statt dessen leisten wir uns Politiker wie Oettinger, den wir als EU Digitalkommissar nach Brüssel schickten und Dobrindt, in Doppelfunktion Verkehrs- und Digitalminister im Bund.

Deutsche Internet-Player

In diesem Zusammenhang könnte man vielleicht die 1&1 (United Internet AG) nennen. Zur 1&1 gehören inzwischen viele Marken wie Web.de, GMX, Werbenetzwerke und ein ganzes Bündel an technischen Dienstleistern. 1&1, genauer gesagt, die United Internet AG, hat gerade den Konzernabschluß 2015  veröffentlicht. 2015 erreicht man einen Umsatz von 3,716 Milliarden Euro, 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Das beschert dem Konzern ein EBITDA-Ergebnis von 771,2 Millionen Euro. Oder die Telekom: 69,2 Milliarden Euro stehen als Umsatz im Jahresbericht, ein EBITDA von 18,4 Milliarden.
Zum Vergleich: Google berichtet einen Umsatz von 74,99 Milliarden US-Dollar und ein EBITDA von 24,42 Milliarden Dollar. Bei Apple liegt der Umsatz noch um ein Vielfaches höher.

Man könnte auch Bertelsmann als Vergleichsgröße heranziehen, um ein Gefühl für die Rangordnung zu bekommen, um die es hier geht.

Bertelsmann meldete in dieser Woche einen Jahresumsatz von 17,141 Milliarden Euro und ein EBITDA von 2,48 Milliarden, wobei ein großer Teil im Fernsehgeschäft der RTL Gruppe erwirtschaftet wird. Da müsste man vielleicht eher mit Amazon vergleichen. Amazon berichtet 2015 107,01 Milliarden Dollar Umsatz und ein EBITDA von 7,88 Milliarden.

Unternehmen Umsatz 2015 EBITDA 2015
United Internet 3,7 Mrd € 0,8 Mrd €
Bertelsmann AG 17,1 Mrd € 2,5 Mrd €
Telekom 69,2 Mrd € 18,4 Mrd €
Google 66,2 Mrd. € 21,6 Mrd €

Es gab Zeiten, in denen deutsche und europäische Medienkonzerne weltweit führend waren. Dazu zähl(t)en auch Vivendi in Frankreich und Berlusconis Mediaset in Italien. Die Zeiten der Konkurrenzfähigkeit scheinen vorbei zu sein. Was also ist passiert?

Europa ist ein Fleckenteppich

Trotz Europäischer Union ist Europa eine Sammlung kleiner Staaten. Telekommunikation zum Beispiel ist stark von nationalen Standards geprägt. ISDN in Deutschland war etwas anderes als ISDN in Spanien. Das selige BTX der Deutschen Bundespost gab es zwar so ähnlich in anderen Ländern auch, aber als PRESTEL in England und Minitel in Frankreich.

Jeder der nationalen Standards hat versucht, der Internetwelle zu entkommen und wurde weggespült wie AOL mit seinem umzäunten Gelände der per CD massenhaft verbreiteten AOL-Zugangssoftware mit eigenem Browser, Mailsoftware („Willkommen. Sie haben Post“) und Messenger.

Statt Innovationen sah man von deutschen und europäischen Medienunternehmen eher ein Verhalten, das an Abschottung erinnert und an den Versuch, unliebsame Konkurrenz fernzuhalten. Aber die 80er und 90er Jahre kommen nicht wieder. Selbst die offen politische Einflussnahme wie die unrühmliche Novellierung des Leistungsschutzrechts, mit denen die deutschen Verleger Google für Google-News zur Kasse bitten wollten, lief ins Leere.

Kaputtreguliert

Jahrelang hat die Staatsbehörde Deutsche Bundespost verboten, dass man selbst Modems an ihr heiliges Netz anschließen konnte. Es boomte der Akustikkoppler in Deutschland während woanders die Märkte und Netz liberaler waren. In Europa war man immer schnell zur Hand mit Überregulierung, Verboten, Hindernissen. Selbst als die Welt sich auf die Personal Computer stürzte konnten deutsche Unternehmen nur hinterher hecheln, um den Zug nicht komplett zu verpassen.

Niemals hätte in den 1970er oder 80er Jahren ein behäbiges Unternehmen der Deutschland AG wie Siemens Entwicklungsabteilungen aktiviert, im so etwas wie den Commodore VC20 oder 64, Atari oder Sinclair ZX81 bzw. Spectrum zu entwickeln.

In Deutschland herrschte Technikskepsis. Wer weiß, vielleicht aufgrund des Traumas des Ersten Weltkrieges, vor dem man in Deutschland und Europa ja eine regelrechte Technikeuphorie erlebte. Das Trauma stellte sich während des  Krieg ein, dem ersten industrialisierten, technisierten und besonders brutalen Krieg der Menschheitsgeschichte.

Werte und Einstellungen gegenüber moderner Kommunikationstechnik

Geh doch lieber raus Ball spielen als vor dem ollen Computer zu hocken, war das Erziehunsgcredo der 80er und 90er. In diesen Zeiten bauten japanische Kinder selber Computer zusammen, während man hierzulande eher mit Bauklötzchen spielte.

In Folge des Internethypes nach den national-propreitären Lösungen der Anfangszeit hatten auch die Deutschen ihren Chance: Wir erinnern uns an Pixelnet, Lycos Europe und Startups wie StudiVZ.

Kollektives Trauma nach dem Platzen der Dotcom-Blase

Es wurde sogar ein eigener Aktienindex für den Neuen Markt geschaffen. Die großen Namen der deutschen New Economy waren Intershop, Kabel New Media.

Die Dotcom-Krise und das Platzen der Blase tat weh. Es hat lange gedauert bis sich die deutsche Internetwirtschaft wieder etwas berappelte. Aber die Technik-Skepsis hatte nun einen Bruder, nämlich die Angst vor allem, was finanziell mit Internet zu tun hat. Niemand wollte mehr in entsprechende Geschäftsmodelle viel Geld investerien. Von nun an hieß es, klein-klein.

Copycats

Nur noch das maximal Sichere wurde unterstützt. Dies war die Stunde der berühmten Copycats: Schau dir innovative Geschäftsmodelle in den USA an und mach‘ das Gleiche für Deutschland und Europa. So entstand zum Beispiel Rocket Internet. Gleichzeitig haben die Europäer die Angewohnheit, alles wegzuregulieren, was entstehen könnte. Gerne begründet man das mit Verbraucher- und Datenschutz. So entstehen idiotische Regularien, die dazu führen, dass man auf einen Button klicken muss, um zu signalisieren, dass diese Webseite Cookies benutzt.

Vielleicht muss man sich daran gewöhnen. Die großen Player und marktbestimmenden Größen kommen aus den USA. Wir können nur noch zusehen, uns in die Geschäftsprozesse einzuklinken und vielleicht Teil der anderswo entworfenen Ökosysteme zu werden.

Eine Antwort auf „Warum Deutschland im Internet so rückständig ist“

  1. Das selbe im Automobilbau.

    Sigmar Gabriel verbietet mit der Lex Tesla dass Tesla in Deutschlnd weitere Ladesäulen baut.

    Die deutsche Säule schafft statt 135kW schnelladung gerade mal 25 bis 50 kW wenn diese nicht defekt oder durch Daimler Werkswagen (Diesel) zugeparkt ist.
    Statt 20 min steht man 3-4h

    Und statt 8 gibt’s eine Säule…
    Wenn die Belegt ist kann man lange warten.

    Während Tesla jetzt Speicher für Solarstrom baut, ist der eigens gespeicherte in Deutschland steuerpflichtig.

    Wir können es nicht mehr und wollen es nicht. TECHNOLOGIE IST BÖSE.

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