Seit Jahren schon schwelt ein Streit um die Zuteilung der Top Level Domain .amazon. Gerne hätte Jeff Bezos Konzern diese Top Level Domain. Doch der Begriff Amazon steht auch für den Regenwald und den Fluss in Südamerika.
Seit einiger Zeit sind sogenannte Dot-Brand-Domains möglich. Damit können Unternehmen ihren Namen oder einen Produktname als Top Level Domainname in das Domain Name System zu bringen.
Einige weltweit agierende Unternehmen mit entsprechenden Marken nutzen dies, wenn auch nur in sehr geringem Maß. Google zählt dazu, Microsoft, McDonalds, Visa und viele andere, wie die Seite www.makeway.world dokumentiert. Auch Amazon ist vertreten, allerdings nicht mit dem vollen Namen, sondern mit „AWS“ (Amazon Web Services“.
Politisches Hickhack: Länder und Regionen gegen wirtschaftliche Interessen eines US-Unternehmens
Es verwundert, dass gerade der Internetgigant keine eigene Top Level Domain verwendet. Am Geld scheitert es bei Amazon nicht. Es geht um Politik: Besonders zwei Länder sind dagegen, die Top Level Domain .amazon als DotBrand-Domain für Amazon zu delegieren: Brasilien und Peru weisen darauf hin, dass „amazon“ ein geographischer Begriff sei und .amazon doch besser für die Amazonas-Region in Südamerika reserviert bleiben sollte.
Man könne, so hieß es von beiden Staaten, „.amazon“ und „Amazona“ – gemeint ist das verwechseln. Diese Begründung klingt nicht hundertprozentig plausibel. Der Widerstand südamerikanischer Staaten, dem großen US-Konzern Amazon die Domain .amazon zukommen zu lassen, kann damit zusammenhängen, dass im Zuge der Snowden-Enthüllungen amerikanische Spionageaktivitäten gegen brasilianische Bürger aufgedeckt worden sind. Das hat vielleicht für Verstimmung gesorgt.
Ein Ausschuss (der Independent Review Process Panel, kurz: IRP hat vor einigen Jahren schon über die vorgebrachten Bedenken befunden und diese als unbegründet zurückgewiesen. Das Governmental Advisory Committee der Internetverwaltungsorganisation ICANN, in dem die Länder der Erde vertreten sind, hat beschlossen, dass Amazon die Top-Level-Domain nicht haben soll.
Amazon hat weitere Vorstöße unternommen. Man möge doch handeln, schrieben Amazon-Manager in einem Brief an ICANN, schließlich habe man versucht, mit Peru und Brasilien Einigungen zu finden. Zudem hätten auch andere Marken Namensähnlichkeiten mit Regionen, Ländern oder Städten.
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Marketingeffekte
Die Einrichtung einer DotBrand-Domain für Amazon hätte sicher Vorteile, abgesehen von den Marketingmöglichkeiten: Wenn das Unternehmen konsequent unter dieser Adresse im Netz kommunizieren würde, hätten es Phisher deutlich schwerer. Dann könnte man die Echtheit einer Mail oder einer Landeseite besser überprüfen.
Außerdem dürfte eine Dot-Brand-Domain .amazon den anderen neuen Top Level Domains einen gewissen Schwung verleihen. Internetuser scheinen die neuen Top Level Domain, die inzwischen gar nicht mehr so neu sind, nicht zu mögen. Teilweise werden Domainnamen, die mit anderen Top Level Domains als die altgewohnten enden, wie etwa .de, .com, .org argwöhnisch betrachtet und manchmal auch nicht einmal als Domain erkannt.
Noch stehen Dot-Brand-Top-Level-Domains nicht so hoch im Kurs. Selbst Inhaber solcher Domains gehen zögerlich damit um und nutzen sie, wenn überhaupt nur um auf Unterseiten oder Länderversionen des Gesamtauftritts zu redirecten. So verweist ai.aws auf https://aws.amazon.com/de/ai, wo die KI-Dienste der AWS-Coud promotet werden.
Insgesamt scheinen sich Inhaber der Dot-Brand-Domains informationsarchitektonisch damit schwer zu tun, ihren multilingualen Content zu präsentieren. Zu den wenigen, die mehr oder weniger intensiv die Dot-Brand TLD einsetzen, gehört die Deutsche Post mit DHL. Unter logistics.dhl findet man dedizierten Webcontent und nicht nur eine Weiterleitung. Die regionalen Sprachversionen werden als Verzeichnis abgebildet, zum Beispiel so: www.logistics.dhl/de-de/home.html .
Canon verfährt ähnlich mit global.canon. Andere internationale Konzerne, die erst euphorisch dabei waren, haben ihren Antrag auf Zuteilung einer eigenen Top Level Domain wieder zurückgezogen.
ICANN hat entschieden, südamerikanische Staaten geben noch nicht auf
Im Mai 2019 sah es so aus als würde Amazon die begehrte Top Level Domain nun bekommen. Man habe seitens Amazon zugesichert, keine Domainnamen unter .amazon zu nutzen, die einen klaren geographischen Bezug herstellen würden. Einige könnten verwendet werden, um der Amazonasregion mehr „Sichtbarkeit“ zu verleihen. Nun berichtet domain-recht.de von einer Beschwerde südamerikanischer Staaten gegen die jüngste ICANN-Entscheidung in dieser Sache. Noch läuft die 90-tägige Frist, während der die ICANN-Entscheidung kommentiert werden kann.